Die Darmgesundheit - Was hilft und was schadet?

Die Darmgesundheit – Was hilft und was schadet?

Der Darm - das Superorgan. Um die Gesundheit unseres Darms ranken sich viele Mythen und Sagen. Zahlreiche Produkte, die angeblich die Darmgesundheit fördern, füllen die Drogerie- und Apothekenregale. Doch was davon hilft wirklich? Und: Brauchen wir überhaupt extra Produkte für unsere Darmgesundheit?

Der Darm war viele viele Jahre ein eher halbherzig belächeltes Organ. War es doch „nur“ für die Ausscheidungen zuständig. Doch eigentlich ist unser Darm ein wahres Superorgan mit all seinen vielfältigen Aufgaben.

 

Es beginnt alles mit der Anatomie des Darms.

Der Darm des Menschen besteht aus zwei wesentlichen Teilen: Dünndarm und Dickdarm.

 

Die Anatomie des Darms

 

Der Dünndarm schließt direkt an den Magen an. Er ist 2 bis 3 Meter lang und liegt in vielen Schlingen im Bauchraum. Der Dünndarm hat die Aufgabe, die durch Speichel und Magensäfte vorverdaute Nahrung weiter zu verdauen und die verwertbaren Nährstoffe über die Darmschleimhaut in den Körper aufzunehmen. Der nicht verdaute Rest der Nahrung gelangt in den Dickdarm.

Der Dickdarm (Kolon) hat eine Länge von etwa 1- 1,5 Meter. Den letzten Abschnitt des Dickdarms nennt man Enddarm oder Mastdarm (Rektum). Dieser ist etwa 15-20 Zentimeter lang und wird durch das sogenannte Kontinenzorgan (Verschlusssystem), einer Kombination von Muskeln, – unter ihnen auch der Schließmuskel – nach außen abgeschlossen. Die Störung dieser wichtigen Funktion ist häufig ein Hinweis auf eine beginnende Erkrankung, aber auch ein Tumorwachstum in dieser Region.

Die Funktion von Dickdarm und Mastdarm besteht vor allem darin, den nicht verdauten Darminhalt durch Wasserentzug einzudicken und für die Entleerung zu sammeln. Die Innenwand des Darms ist mit einer Schleimhaut ausgekleidet, auf der sich der Stuhl – von der Darmmuskulatur vorangetrieben – zum After bewegt. Über diesen wird der Stuhl schließlich entleert. Der Darm trägt außerdem entscheidend dazu bei, den Flüssigkeitsausgleich im Körper zu regulieren.

 

Was hat der Darm mit unserem Immunsystem zu tun?

Unser Immunsystem soll vor allem eins: Den Körper vor schädlichen inneren und äußeren Einflüssen schützen. Die meisten Menschen wissen nicht, dass unser Immunsystem ein fein abgestimmtes Zusammenspiel verschiedenster biologischer Strukturen und Organe ist, darunter auch dem Darm.

Ist seine Immunfunktion geschwächt, verliert die gesamte körpereigene Abwehr an Stärke und umgekehrt. Somit hat unser Verdauungstrakt maßgeblichen Einfluss auf den Kampf gegen Krankheitserreger und die Gesundheit.

Die verschiedenen Systeme unserer Immunabwehr sind nicht alle von Geburt an funktionstüchtig, sondern entwickeln sich durch Reifungs- und Aktivierungsprozesse. So wird unter anderem sichergestellt, dass das Immunsystem möglichst keine eigenen Strukturen des Körpers angreift.

 

Welche zentralen Aufgaben erfüllt der Darm?

 

Kann ein Krankheitserreger die Barrieren überwinden, greifen unspezifische Kompartimente diese Zellen auf und überprüfen sie auf verdächtige Oberflächenstrukturen. Können solche gefunden werden, nehmen Immunzellen sie auf, zerlegen sie und präsentieren die typischen Bruchstücke dem Immunsystem. Passend zu diesen Bruchstücken – medizinisch Antigene – entwickeln spezielle Zellen Antikörper, die in das Blut abgegeben werden. Diese Antikörper heften sich an die im Körper zirkulierenden Krankheitserreger. So markiert, ziehen sie Fresszellen an, die die Keime vernichten.

Der Darm ist unser größtes Immunorgan. Das muss er auch sein, denn mit insgesamt ca. 200 m2 ist er 100-mal größer als unsere Körperoberfläche. Diese riesige Fläche wird durch das sogenannte Darm-assoziierte Immunsystem (GALT) kontrolliert. Aufgabe des GALT ist es, Krankheitserreger abzuwehren und gleichzeitig keine Nahrungsbestandteile oder die nützlichen Bakterien der Darmflora anzugreifen. Etwa 90 Prozent aller Antikörper werden im Darm gebildet.[1]https://www.probielle.de/darmgesundheit/darm-immunsystem

Was ist die Darmflora?

Der Begriff Darmflora (Mikrobiota, Mikrobiom des Darms) bezeichnet alle Mikroorganismen, die den menschlichen Darm besiedeln. Das sind bis zu 99 Prozent aller Bakterien, die im und auf dem menschlichen Körper leben.

Der Begriff Darmflora geht auf die frühere Annahme zurück, dass diese Ansammlung von Mikroorganismen zum Pflanzenreich gehört (Flora = Pflanzenwelt). Da aber die Bakterien in ein eigenständiges Reich (Protista) gehören, ist der Begriff Darmbakterien, intestinales Mikrobiom oder intestinale Mikrobiota die bessere Bezeichnung.

Der Großteil der Darmflora – 500 bis 1000 verschiedene Darmbakterien-Arten – lebt im Dickdarm (an der Darmwand). Ihre Anzahl wird auf etwa 10 Billionen geschätzt, ihr Gesamtgewicht auf ungefähr eineinhalb Kilogramm.[2]https://www.netdoktor.de/anatomie/darmflora/

 

Die Darmflora

Inwiefern beeinflusst die Darmflora das Immunsystem?

Die Darmflora ist extrem wichtig für die Immunabwehr. Die Darmschleimhaut hat eine Oberfläche von 300 bis 500 Quadratmetern und stellt damit die größte Grenzfläche des Körpers dar. Die hier siedelnden „guten“ Darmbakterien verhindern, dass sich krankmachende Keime ausbreiten und Darminfektionen auslösen können. Außerdem trainieren die Darmbakterien über spezielle Signalstrukturen den im Darm lokalisierten Teil des Immunsystems (darmassoziiertes Immunsystem).

Bevor Krankheitserreger aber überhaupt mit dem Immunsystem des Darms in Kontakt kommen, müssen sie eine Barriere überwinden, bei der die Darmschleimhaut und die Darmflora zusammenwirken.

 

Die Aufgaben der Darmflora

 

Die Darmflora produziert verschiedene Vitamine, die der Körper für sich nutzen kann (auch wenn im Dickdarm nur ein geringer Teil davon resorbiert werden kann). Es zählen dazu Biotin, Folsäure, Riboflavin sowie Vitamin B12 und Vitamin K.

Einige Darmbakterien können giftige (toxische) Substanzen neutralisieren. Beispiele wäre hier die Nitrosamine und polyzyklische aromatische Wasserstoffe. Viele dieser Verbindungen gelten als krebserregend.

Auch für die Aktivierung mancher Medikamente, spielt die Darmflora eine wichtige Rolle, denn einige werden erst im Zuge der Verstoffwechslung durch die Darmflora in ihre aktive (wirksame) Form überführt. Das gilt insbesondere für Antibiotika aus der Gruppe der Sulfonamide sowie für den entzündungshemmenden Wirkstoff Sulfasalazin.

Braucht unser Darm Hilfsmittel?

Jeder Mensch hat sein eigenes, sehr individuelles, angeborenes und in den ersten Lebensmonaten geprägtes „Bakterienmuster“, das vor allem durch die Ernährung und durch immunologische Prozesse beeinflusst wird. Forscher halten es wie den menschlichen Fingerabdruck für schwer veränderbar. [3]https://www.quarks.de/gesundheit/medizin/probiotika-tausendsassa-oder-rohrkrepierer/

Inwiefern sich die Veränderung der Darmflora auswirkt und ob sie Krankheiten wie das Reizdarmsyndrom, Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa hervorrufen kann, ist wissenschaftlich noch nicht vollständig geklärt. Allerdings gibt es Studien, die ganz klar zeigen, dass sich die Darmflora von Reizdarm-Patient*innen deutlich von der Darmflora gesunder Menschen unterscheidet. Unklar ist jedoch bis heute, ob diese Veränderung nun Ursache oder Folge der Erkrankung ist.

Einige Befunde stellen auch die Vermutung auf, dass unser Darmmilieu im Hinblick auf neurologische Erkrankungen involviert sein könnte, da der Darm Nervenimpulse an das Gehirn sendet und auch welche vom Gehirn empfängt. Ob sich durch Studien belegen lässt, dass das Mikrobiom unsere Hirnaktivitäten und somit auch seelische Gesundheit beeinflussen kann, bleibt abzuwarten.

Erwiesen ist hingegen, dass sich dauerhafter Stress und die Einnahme von Antibiotika negativ auf die Zusammensetzung unseres Darm-Mikrobioms auswirken kann, was wiederum Gesundheitsbeschwerden nach sich ziehen kann.

Doch mit der Darmgesundheit wird in Deutschland trotz der dünnen Studienlage sehr viel Geld verdient. Und zwar durch Vermarktung und Verkauf von sogenannten Probiotika, Präbiotika und Synbiotika.

 

Probiotika, Präbiotika, Synbiotika

 

Probiotika sind natürliche im Darm beheimatete Mikroorganismen (Bakterien und zum Teil auch Hefepilze), die dazu beitragen können, die Barrierefunktion des Darms zu stärken und Krankheitserreger in Schach zu halten. Einige von ihnen stellen wertvolle Substanzen her, wie zum Beispiel kurzkettige Fettsäuren wie Butyrat oder Propionat, die unter anderem bei der Gesunderhaltung von Nervenzellen helfen. Präbiotika kommen natürlicherweise in milchsauren Produkten vor, wie etwa Joghurt, Kefir, Buttermilch, aber auch in durch Milchsäure Eingemachtem wie Sauerkraut oder Kimchi. Zudem gibt es Probiotika in Kapsel- und Tropfenform, die als Arzneimittel verwendet werden und oft auch rezeptfrei erworben werden können. Es gibt Risikogruppen und Erkrankte, die von probiotischen Produkten profitieren können. Noch am besten belegt ist das bei einigen Magen-Darm-Erkrankungen. Die Voraussetzung für eine gesundheitsfördernde Wirkung der Probiotika, hängt von der regelmäßigen Zufuhr einer ausreichenden Menge ab und auch davon, ob sie die Magen-Darm-Passage überstehen, ohne abgebaut und verdaut zu werden, bevor sie ihren Bestimmungsort erreichen. Aber: Egal wie gut ein Bakterium, das von außen dazu kommt, wirkt, es wird mit der Zeit von der körpereigenen Flora verdrängt. Man muss also das Probiotikum immer weiter einnehmen, um den gleichen potentiell guten Effekt zu erzielen.[4]https://www.quarks.de/gesundheit/medizin/probiotika-tausendsassa-oder-rohrkrepierer/

Präbiotika sind unverdauliche Nahrungsbestandteile aus pflanzlichen Lebensmitteln, also Ballaststoffe (z.B. in Artischocken, Knoblauch, Zwiebeln, Chicorée, Hülsenfrüchten, Wurzelgemüsen und Getreide wie Roggen oder Hafer), die günstig auf die Gesundheit wirken, indem sie das Wachstum und die Aktivität von probiotischen Bakterien anregen und gleichzeitig die Vermehrung von schädlichen Bakterien im Darm hemmen. Sie bilden sozusagen die Nahrungsgrundlage für die gesunden Mikroorganismen im Darm. Zu den wichtigsten Präbiotika zählen Oligofructose, Inulin und resistente Stärke. Ein gesunder Mensch benötigt keine  Präbiotika-Präparate, sondern kann seinen Bedarf über eine ausgewogene, ballaststoffreiche Ernährung decken. Ein „zu viel“ an Präbiotika kann nämlich zu Magen-Darm-Beschwerden führen, sodass andere Arzneimittel nicht mehr gut wirken könnten.[5] … Continue reading

Werden Präbiotika und Probiotika in einem Produkt zusammengestellt, handelt es sich um ein sogenanntes Synbiotikum. Hier hat man also Milchsäurebakterien wie Laktobazillen und Bifidobakterien und das „Starterfutter“ in Form eines Präbiotikums in einem. Ein solches Synbiotikum kann beispielsweise zu oder nach einer Antibiotika-Behandlung sinnvoll sein, denn oft haben Antibiotika nicht nur Effekte auf die Krankheitserreger, sondern auch auf die erwünschten Bakterien des Mikrobioms. Damit hier nach der Antibiotika-Therapie nicht die unerwünschten Bakterien innerhalb der Darmflora überwiegen, kann man in ärztlicher Absprache die physiologische Darmflora mit synbiotischen Nahrungsergänzungsmitteln unterstützen, als Ergänzung zu einer ausgewogenen Ernährung.[6]https://www.pascoe.de/magazin/detail/probiotika-praebiotika-synbiotika-was-ist-das.html

Kurz gesagt:
Der Stellenwert von Nahrungsmitteln mit Probiotika, Präbiotika und Synbiotika in der Prävention und Behandlung von Erkrankungen ist nicht hinreichend evaluiert. Die Erforschung der Wirkung von Pro- und Präbiotika auf die Darmflora und Darmbarriere könnte zu innovativen Therapiestrategien und neuen Erkenntnissen in die Pathophysiologie immunologischer, ernährungsbedingter und infektiöser Erkrankungen innerhalb und außerhalb des Gastrointestinaltrakts führen.[7]https://www.aerzteblatt.de/archiv/45953/Probiotika-Praebiotika-und-Synbiotika-Stellenwert-in-Klinik-und-Praxis

Habt ihr Erfahrungen mit diesen Komponenten gemacht? Vielleicht auch im Rahmen einer Magen-Darm-Erkrankung? Schreibt uns gern eure Erlebnisse in die Kommentare.

Quellenangaben

Quellenangaben
1 https://www.probielle.de/darmgesundheit/darm-immunsystem
2 https://www.netdoktor.de/anatomie/darmflora/
3, 4 https://www.quarks.de/gesundheit/medizin/probiotika-tausendsassa-oder-rohrkrepierer/
5 https://www.aok.de/pk/magazin/ernaehrung/lebensmittel/was-sind-praebiotika-und-in-welchen-lebensmitteln-sind-sie-enthalten/#:~:text=Pr%C3%A4biotika%20sind%20unverdauliche%20Nahrungsbestandteile%20(Ballaststoffe,Aktivit%C3%A4t%20von%20n%C3%BCtzlichen%20Darmbakterien%20f%C3%B6rdern.
6 https://www.pascoe.de/magazin/detail/probiotika-praebiotika-synbiotika-was-ist-das.html
7 https://www.aerzteblatt.de/archiv/45953/Probiotika-Praebiotika-und-Synbiotika-Stellenwert-in-Klinik-und-Praxis
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