Pflegepolitik Part 3 – Der Deutsche Pflegerat

Pflegepolitik. Für viele Pflegekräfte ein Begriff, der in der eigenen Berufsrealität kaum Raum einnimmt. Leider. Dabei ist es gerade jetzt, in Zeiten des demografischen Wandels und des akuten Pflegemangels umso wichtiger, die eigenen beruflichen Rechte zu kennen und auch ein Grundverständnis von Berufspolitik zu haben. Was macht eine Pflegegewerkschaft? Wofür ist der Berufsverband da? Welche Rolle spielen Pflegefachgesellschaften? Und was ist eigentlich der Deutsche Pflegerat?

 

Du hast von all dem noch nichts gehört? Dann bist du hier richtig, denn ich möchte dir in mehreren Blogbeiträgen, die wichtigsten politischen Instanzen für unsere Berufsprofession vorstellen.

Im dritten Blogbeitrag zum berufspolitischen Fokus soll es heute um den Deutschen Pflegerat e.V. gehen.

Um euch die Bundesarbeitsgemeinschaft Pflege und Hebammenwesen vorzustellen, habe ich mir Präsidiumsmitglied Jana Luntz als Interviewpartnerin eingeladen.

 

 

1. Wer genau bist du und wie hast du deinen Weg in den Deutschen Pflegerat gefunden?

 

 

Ich bin Jana Luntz, Dipl. Pflege- und Gesundheitswissenschaftlerin.
Meine Karriere in der Pflege startete ich als Krankenschwester im Klinikum Hoyerswerda, wo ich nach meiner Ausbildung den Berufseinstieg fand.
Nach dem pflegewissenschaftlichen Studium an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg übernahm ich 2006 die Fachleitung Pflegedienst des Zentrums für Kinderheilkunde am Universitätsklinikum Halle/Saale
Im Jahr 2008 wechselte ich als stellv. Pflegedirektorin an das Universitätsklinikum Tübingen, wo ich 2010 zur Pflegedirektorin und Mitglied des Vorstands bestellt worden bin.
Dem Vorstand des VPU gehöre ich seit September 2011 an. 2015 wechselte ich an das Universitätsklinikum Dresden und bin hier seitdem als Pflegedirektorin tätig.
2021 wurde ich zur Pflegemanagerin des Jahres gewählt.
Weg in den Deutschen Pflegerat:
Der VPU ist Mitglied im DPR, 2021 habe ich für das Präsidium kandidiert und wurde durch die Mitglieder des DPR gewählt und als Mitglied im Präsidium des Deutschen Pflegerats berufen.

 

2. Was genau ist denn der Deutsche Pflegerat eigentlich? Und welche Aufgabe hat dieser?

 

Der Deutsche Pflegerat e.V. ist der Dachverband der bedeutendsten Verbände des deutschen Pflege- und Hebammenwesens. Er steht für eine nachhaltige und qualitativ hochwertige Gesundheitsversorgung. In diesem Sinne koordiniert der Deutsche Pflegerat die Positionen seiner Mitglieder. Er setzt sich für die Interessen der Berufsgruppen ein und fordert und fördert die berufliche Selbstverwaltung. Ein ganz besonderes Anliegen ist die Verbesserung der Bildungs- und Karrierechancen sowie Arbeits- und Rahmenbedingungen in der Pflege und im Hebammenwesen. Aus Sicht des Deutschen Pflegerats ist dies wesentlich für einen attraktiven Pflege- und Hebammenberuf.

Aufgaben und Ziele – Deutscher Pflegerat (deutscher-pflegerat.de) siehe Internetlink

 

3. Wie hat sich der Deutsche Pflegerat denn gegründet? Was ist eure Vision?

 

Der Deutsche Pflegerat e.V. wurde 1998 gegründet, um mit einer Stimme für die Interessen der professionell Pflegenden in Deutschland zu sprechen. Zunächst gehörten ihm fünf Verbände an. In den folgenden Jahren stieg die Zahl der Mitgliedsverbände an und das Hebammenwesen wurde mit einbezogen. Bereits früh zeichnete sich ab, dass der Deutsche Pflegerat als Ansprechpartner der Akteure im Gesundheitswesen gefragt war. So wirkte er in Arbeitsgruppen des Gesundheitsministeriums, der Gesundheitsministerkonferenz und der Bundesärztekammer mit und wurde in Gremien der Qualitätssicherung berufen. Durch schriftliche Stellungnahmen, Teilnahme an Anhörungen, Kontakten zu Parteien im Bundestag und Bundesrat sowie einschlägige Gespräche mit Interessenverbänden wurde der Deutsche Pflegerat öffentlich wahrgenommen.

Geschichte – Deutscher Pflegerat (deutscher-pflegerat.de) siehe Internetlink

 

4. Was kann eine Pflegefachkraft tun, wenn sie mit der eigenen beruflichen Situation unzufrieden ist und möchte, dass sich etwas grundlegend verändert?

 

Um Arbeitsbedingungen zu verbessern, müssen Pflegekräfte ihre eigenen Interessen auch politisch besser vertreten.
Über 1,7 Millionen arbeiten in der Pflege und haben die Möglichkeit viel zu bewirken. Sie sollten bspw. die Kammerbildung weiter unterstützen oder sich in Verbänden arrangieren, welche im DPR vertreten sind (z.B. DBfK).

 

5. Wie gut wird der Deutsche Pflegerat in der Öffentlichkeit, gerade auch auf politischer Ebene, wahrgenommen?

 

Zu allen aktuellen gesundheitspolitischen (An-)Fragen erstellt der DPR regelmäßig Stellungnahmen. Aufgabe ist es die politische Durchsetzung von beruflichen Zielen der Pflegefachpersonen und Hebammen auf Landes- und Bundesebene sowie innerhalb der Europäischen Union (EU). Stets suchen wir das Gespräch mit diesen Protagonisten. Wir bemühen uns ständig um einen konstruktiven Austausch. Es gilt aber weiterhin sich Gehör zu verschaffen.

 

6. Was glaubst du, wie erreichen wir all diejenigen Pflegekräfte, in deren Alltag Berufspolitik bisher noch keine Rolle gespielt hat?

 

Hier spielt ganz klar auch Social Media eine wichtige Rolle. Formate wie bspw. dieser Blogbeitrag werden durch viele interessierten Personen verfolgt. Oft heißt es, „die Pflege hat keine Lobby“. Jedoch gilt, je mehr Menschen auf die Probleme im Pflegesektor aufmerksam machen, desto lauter wird ihre Stimme. Das gleiche gilt natürlich auch für die Pflege-Berufsverbände: Je mehr Mitglieder, desto mehr (berufspolitischen) Einfluss haben sie.
Auch müssen bereits während der beruflichen Ausbildung im Lehrplan berufspolitische Fragen und pflegepolitische Entscheidungen thematisiert und diskutiert werden.

 

7. Warum ist auch der Deutsche Hebammenverband Mitglied im Deutschen Pflegerat, obwohl das Hebammenwesen doch ein eigener Gesundheitsberuf ist und nicht zum Pflegeberuf gehört?

 

Die Hebammen gehören zu den Gesundheitsberufen. In den Krankenhäusern arbeiten beispielsweise Hebammen und Pflegefachpersonen in den geburtshilflichen stationären Bereichen eng zusammen.
Durch diese Zusammenarbeit gibt es viele gemeinsame Themenbereiche und Schnittmengen. Daher macht die Zusammenarbeit im DPR absolut Sinn.

 

8. Warum ist es denn in deinen Augen wichtig, DASS Pflegekräfte sich mit Berufspolitik auseinandersetzen?

 

Die Pflege ist eine der wichtigsten Berufsgruppe in der Versorgung der Bevölkerung. Trotzdem ist die politische Wahrnehmung der Pflege in der Politik nicht genug ausgeprägt. Es wird nach wie vor zu oft über die Belange der Pflege gesprochen, aber kaum mit der Pflege.
Wenn sich etwas ändern soll, müssen die Pflegenden sich über ihre eigene Institution herab einmischen, diskutieren und gestalten. 1,7 Millionen Pflegende haben die Macht zur Veränderung und Gestaltung. Das ist eine enorme Kraft.

 

9. Eine Interessensvertretung ist ja immer nur so stark, wie die Zahl ihrer Mitglieder hoch ist. Oder anders formuliert: Je mehr Mitglieder, desto mehr Einfluss. Wie relevant sind viele Mitgliedsverbände und deren Mitgliederzahlen für den Deutschen Pflegerat?

 

Interessensvertretungen sind wichtige Institutionen, sie sind öffentlich, frei und unabhängig. Jeder Verband hat die Aufgabe, die Interessen ihrer Mitglieder zu vertreten. Daher ist eine gewisse Diversität sinnvoll.
Sie setzen sich für die Professionalisierung des Berufs ein. Hierfür benötigen die Berufsverbände jedoch viele Mitglieder und daran hapert es in der Pflege.

 

10. Wie viele Mitgliedsverbände hat denn der Deutsche Pflegerat bisher? Und wie optimistisch blickst du in die Zukunft was den Zuwachs an Mitgliedern durch die Mitgliedsverbände angeht?

 

Der DPR hat 18 Mitgliederverbände, zwei davon sind Fördermitglieder.
Beim DPR können nur Berufsorganisationen/Verbände (juristische Personen) der Pflege Mitglied werden, keine Einzelpersonen (natürliche Personen).

 

11. Was hat dich persönlich dazu motiviert, dich im Deutschen Pflegerat zu engagieren?

 

Ich möchte die Zukunft der Pflege mitgestalten und anderen zeigen, dass berufliches und berufspolitisches Engagement wichtig ist und Veränderungen herbeigeführt werden können. Auch wenn man dafür einen langen Atem haben muss. Ich wusste immer, berufspolitisches Engagement ist keine Kurzstrecke, sondern ein Marathon!

 

12. Welche Möglichkeiten haben interessierte Pflegekräfte, um sich aktiv mit einzubringen, wenn sie das möchten? Und können auch Nicht-Pflegekräfte den Deutschen Pflegerat irgendwie unterstützen?

 

Wir sind ein Verbändeverband und konzentrieren uns auf die Arbeit, die uns unsere Mitgliedsverbände in Auftrag geben. Personen, die Interesse an einer Zusammenarbeit haben, schlagen wir daher vor, in einen Mitgliedsverband einzutreten, falls sie noch nicht Mitglied sind, und über diesen Weg mit uns zusammenzuarbeiten. Eine finanzielle Unterstützung ist durch Spenden möglich.

 

Ich bedanke mich bei Frau Jana Luntz für ihre Zeit und ihr Engagement uns hier Rede und Antwort zu stehen und wünsche dem Deutschen Pflegerat e.V. viel Erfolg fürs Jahr 2023.

Wenn ihr euch noch intensiver informieren möchtet, sei euch die Website des Deutschen Pflegerates ans Herz gelegt. Diese findet ihr unter www.https://deutscher-pflegerat.de.

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