Organspende über Deutschland hinaus

Blicken wir mal über den Tellerrand und schauen, wie unsere Nachbarländer zum Thema Organspende stehen und ob andere Länder den sprichwörtlichen heiligen Gral im Handling der Organspende entdeckt haben.

USA

In den Vereinigten Staaten leben nach heutigem Stand ca. 336 Millionen Menschen. Laut dem Jahresbericht der „Donate Life America“ von 2021 sind die Spenderregistrierungen in den letzten 3 Jahren trotz der Corona-Pandemie stetig gestiegen. Zuletzt auf 169 Millionen Spenderregistrierungen im Jahre 2021. Dies zeigt, dass die Spendenbereitschaft in den USA sehr hoch ist. Das war aber nicht immer so.

Seit vielen Jahren arbeiten die USA massiv daran, ihre Bürger als potenzielle Spender zu rekrutieren.
1996 wurde auf Initiative des amerikanischen Kongresses Informationsmaterial zur Organspende an 70 Millionen Haushalte verschickt.
2001 initiierte der damalige Gesundheitsminister Tommy Thompson die große Aufklärungskampagne „Gift of Life“. Es wurde zudem stark in die Infrastruktur des amerikanischen Spender- und Transplantationssystems investiert.
Einflussreiche Allianzen nationaler und regionaler Organisationen sorgen seit 2006 dafür, die Amerikaner für das Thema zu sensibilisieren.

 

Die Initiativen zeigen Wirkung. Innerhalb weniger Jahre ging die Zahl der registrierten Spender deutlich nach oben.

Ihr Yes or No zur Organspende geben die Amerikaner unbürokratisch. Jeder Bürger, der einen Führerschein macht oder neu beantragt, wird automatisch gefragt, ob er zum Spenden bereit sei. Mehrere Millionen Amerikaner werden auf diese Weise jährlich vor die Wahl gestellt. Bei positiver Antwort wird auf dem Führerschein gut sichtbar ein kleines rotes Herz abgebildet. Zusätzlich werben viele Initiativen aktiv um die Registrierung von Spendern.

Das Land kann sich auf der vergleichsweise hohen Spenderbereitschaft allerdings nicht ausruhen. Im Gegenteil: Der Bedarf an Organen kann nicht annähernd gedeckt werden. Die Warteliste steigt seit Jahren rapide an und dies deutlich schneller, als die Spenderrate. Viele Gesundheitsexperten sehen im Organmangel eine „nationale Krise“. Aktuell warten in den USA 120 000 Menschen auf ein Organ. Im Durchschnitt sterben täglich 18 Amerikaner, weil sie vergeblich auf eine Spende hoffen.

 

Australien

In Australien läuft es ähnlich ab wie hier in Deutschland. Auch hier muss sich ein Spender im Vorfeld zu Lebzeiten selbsttätig in einem Spenderregister anmelden und eine Registrierung vornehmen, wenn er im Falle des Todes seine Organe spenden möchte. Die finale Entscheidung über eine Spende treffen die Angehörigen des potenziellen Spenders im Sinne des Spenderwillens.
Trotzdem auch in Australien die Corona-Pandemie den Bereich der Organspende stark beeinflusst hat, es u.a. zu weniger Spenden und auch zu weniger Transplantationen kam, ist die Zahl der freiwilligen Spender im „Australian Organ Donor Register“ 2021 gestiegen und hat einen neuen Höchststand erreicht. Rund 350 000 Menschen haben sich 2021 neu registrieren lassen. Dies ist eine Steigerung von 87% zum Vorjahr 2020.
Dieser bemerkenswerte Erfolg ist zum Großteil auf die große digitale „DonateLife“ Engagement Kampagne zurückzuführen, die 2021 an den Start ging. Aber auch die Aufklärung über offizielle Behördenseiten (myGov) und die Anmeldung für die Medicare Card, über die auch die Covid19-Impfzertifikate runtergeladen werden konnten, haben einen großen Beitrag dazu geleistet.

 

China

In der Volksrepublik China werden Transplantationen schon sehr lange und auch in speziellen Gebieten, wie der Gesichtschirurgie, sehr erfolgreich durchgeführt.

Das Land verdankte seine Spitzenposition mit über 10 000 Transplantationen jährlich über viele Jahre einer Praxis, die international geächtet ist: Mehr als die Hälfte der 7900 im Jahr 2012 verpflanzten Lebern und Nieren stammten von hingerichteten Gefangenen. Das Gesundheitsministerium selbst teilte dies im November 2013 mit.
Dies wurde von Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International, aber auch der WHO stark kritisiert, da die Hintergründe, wie es zur Einwilligung der Gefangenen zur Organspende kam, oftmals nicht zweifelsfrei nachvollzogen werden konnten und auch über die Gründe der Inhaftierung und Tötung der Gefangenen Zweifel bestanden.

Der Handel mit Organen ist in China seit 2007 verboten und seit dem 01. Januar 2015 auch die Verwendung von Organen Hingerichteter. Dennoch gibt es immer wieder Berichte, über stattgehabten Organdiebstahl in China. Erst im Dezember 2018 veröffentlichte das China Tribunal ein Statement zu diesem Thema.

China begann erst im Jahr 2010 langsam mit dem Aufbau eines freiwilligen Spenderregisters. Am 21.März 2014 wurde das „Volunteer Registration Network for Spending and Receiving Organ Donation“ eingeführt, das offizielle Register für die freiwillige Organspende in der Volksrepublik China. Die gespendeten Organe werden automatisch durch das „China Organ Transplant Response System“ verteilt, welches streng an eine dafür verabschiedete Gesetzesgrundlage gebunden ist („Basic Principles of Chinese Human Organ Distribution and Sharing“ und „Core Policy of Liver and Kidney Transplantation“) um Fairness und Transparenz in der Organverteilung zu sichern und Manipulation zu verhindern. Die Anzahl der freiwilligen Spender steigt laut Angaben des China Organ Donation Administrative Centers jährlich. Doch übersteigt die Nachfrage noch immer bei weitem das Angebot. Nach Angaben von Huang Jiefu, dem Leiter des chinesischen Organspende-Komitees, brauchen jedes Jahr rund 300 000 Patienten „dringend“ eine Transplantation, doch werden letztlich nur 10 000 Transplantationen ausgeführt. Das mag auch an der traditionell geringen Bereitschaft der Chinesen liegen, sich als Organspender zu melden. Denn nach der konfuzianischen Lehre soll der Körper auch nach dem Tod geschützt werden.

 

Europa

 

Dänemark verfährt gemeinsam mit Irland, Island, Litauen, Rumänien und der Schweiz nach der „erweiterten Zustimmungslösung“. Hier dürfen Organe nicht grundsätzlich entnommen werden. Hat der Verstorbene sich vor seinem Tod dazu nicht geäußert, können die Angehörigen darüber entscheiden. Entscheidungsgrundlage ist dabei der ihnen bekannte oder mutmaßliche Wille des Toten.
Am 15. Mai. 2022 hat das Schweizer Volk entschieden, in der Schweiz die erweiterte Widerspruchslösung einzuführen. Die neue Regelung wird frühestens im Jahr 2024 in Kraft treten. Bis dahin gilt weiterhin die erweiterte Zustimmungslösung.

In Belgien und Bulgarien gilt die Widerspruchslösung. Was auf den ersten Blick gleich aussieht ist es aber nicht, denn Belgien hat die Organentnahme nach der Widerspruchsregelung mit Einspruchsrecht geregelt. Das heißt: Hat der Verstorbene zu Lebzeiten nicht ausdrücklich einer Organspende widersprochen, können Organe zur Transplantation entnommen werden, sofern die Angehörigen nicht widersprechen.

In Bulgarien gilt grundsätzlich die Widerspruchsregelung, doch ein Zusatz macht die bulgarische Lösung einzigartig in Europa. Hier gilt eine sogenannte Notstandsregelung. Heißt konkret: Die Organentnahme ist „im Notstand“ immer zulässig. Selbst das Vorliegen eines Widerspruchs ist in solchen Fällen nicht mehr wirksam – und Organe können zur Spende entnommen werden.

FinnlandNorwegen, Estland, Frankreich, Griechenland, Italien, Kroatien, Lettland, Liechtenstein, Luxemburg, Malta, Niederlande, Norwegen, Österreich, Polen, Portugal, Schweden, Slowakei, Slowenien, Spanien, Tschechien, Türkei, Ungarn und das Vereinigtes Königreich (England, Wales und Schottland) regeln die Organentnahme genauso wie die Belgier. Es gilt die Widerspruchsregelung. Hat sich der Tote zu Lebzeiten nicht geäußert, können die Organe entnommen werden, sofern sich nicht Angehörige zu Wort melden und die Entnahme durch ihr Widerspruchsrecht verhindern.

 

Für Urlauber wichtig zu wissen:

Wer ins Ausland fährt und seine Organe nicht spenden möchte, sollte ein schriftliches Willensbekenntnis bei sich führen.

Anderenfalls wird derjenige, der sein Leben lässt in vielen Ländern automatisch zum Organspender. Eine Zustimmung vor der Entnahme ist oft nicht nötig. Angehörige haben meist kein Widerspruchsrecht. Es gelten immer die Regeln des Landes, in welches gereist wird. Wer also ausdrücklich keine Organe spenden möchte, der muss das zu Lebzeiten ausdrücklich festhalten, am besten auch in der Landessprache des zu bereisenden Landes.

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